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Pressemitteilung

Sanierung und Neubau von Gebäuden des Landkreises Kelheim; hier: Durchführung der Arbeiten nach einem ganzheitlichen ökologischen und gesundheitlichen Ansatz (incl. Produktmerkblätter)

Antrag von ÖDP-Kreisrat Peter-Michael Schmalz im Kelheimer Kreistag

Seit meiner Mitgliedschaft im Kreistag Kelheim im Jahr 1996 habe ich eine ganze Reihe von Anträgen für ein ökologisch ausgerichtetes und gesundheitsbewusstes Handeln des Landkreises in seinem Wirkungskreis gestellt. Nach teilweise jahrelangem Ringen in den Gremien konnte ich so z.B.durchsetzen:

- Vermeidung von Polyvinylchlorid (PVC) beim Neubau von Gebäuden, sowie Rückbau von PVC bei der Sanierung von Gebäuden
- Ausstattung aller geeigneten Landkreisliegenschaften mit Photovoltaikanlagen
- Erwärmung eines Großteiles des Wassers der Realschul-Schwimmhalle Abensberg mit Solarthermie
- Beachtung der Energiestandards der am 01.10.09 in Kraft tretenden Energieeinsparverordnung 2009 bereits im Jahr 2008 (Energieeinsparung von ca. 30%)

Am 31.07.08, als einer der ersten bayerischen Landkreise, gegen den entschiedenen Widerstand von Landrat Faltermeier, Festlegung eines verbindlichen Klimaschutzzieles (Einsparung von 40% CO2 als Leitparameter bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 1990; jährliche Dokumentation des Grades der Zielerreichung)

Nicht durchsetzen konnte ich bisher z. B., dass:

- bei allen Sanierungen und Neubauten energiesparende dreifach verglaste Fenster statt der nur zweifach verglasten Fenster Verwendung finden.
- für die Außendämmung Materialien mit einem hochwertigen ganzheitlichen ökologischen und gesundheitlichen Ansatz (Rohstoffgewinnung, Produktion, Verarbeitung beim Einbau, Nutzung im eingebauten Zustand, Verhalten im Brandfall, Entsorgung, Gesamtenergiebilanz von Herstellung bis Entsorgung) Verwendung finden

Mit den nachfolgenden (über einen Zeitraum von mehreren Monaten erarbeiteten) Anträgen unternehme ich einen weiteren Versuch, den o. g. ganzheitlichen ökologischen und gesundheitlichen Ansatz bei der Sanierung und Herstellung von Landkreisliegenschaften unter Beachtung des Grundsatzes der Praktikabilität in stärkerem Umfang als bisher zu verwirklichen.

Seit 2002 prüfe ich bei allen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen des Marktes Langquaid sämtliche Ausschreibungen auf die bestmögliche Berücksichtigung baubiologischer und bauökologischer Gesichtspunkte. Die dabei gewonnenen Erfahrungen mit den Produktherstellern, Verarbeitungsbetrieben, Architekten und Fachbehörden (z. B. auch mit dem Kreisbaumeister, der ausdrücklich u. a. die Verwendung von ökologisch hochwertigem Dämm- und Isoliermaterial, sowie von dreifach verglasten Fenstern bei Baumaßnahmen begrüßt) fanden Berücksichtigung bei der Abfassung meiner Anträge.

Der grundlegende Denkansatz meiner Anträge ist, dass nach Möglichkeit nur solche Produkte verwendet werden, bei denen möglichst wenig „Chemie“ zum Einsatz kommt und möglichst wenig Energie für den Einsatz benötigt wird. Dass dies im Vergleich zu den heute weit verbreiteten konventionellen Produkten nicht ohne einen gewissen preislichen Mehraufwand geht, ist bekannt. Dabei darf jedoch nie außer Acht gelassen werden, dass vordergründige finanzielle Einsparungen beim Kauf von billigeren konventionellen Produkten (nur örtlicher betriebswirtschaftlicher Aspekt) häufig zu Lasten gesamtgesellschaftlicher Aspekte (Klimaschutz, Kosten im Gesundheitssystem) gehen. Per Saldo ist es häufig so, dass finanzielle Vorteile im Kleinen, volkswirtschaftliche Nachteile im Großen haben (Klimaschäden, höhere Kosten im Gesundheitssystem usw.). Ganz zu schweigen von den direkten gesundheitlichen Nachteilen von Verbrauchern bzw. den ethischen Aspekten bei Entscheidungen unter dem primären Aspekt des vordergründig billigsten Anschaffungspreises.

Anträge

(alle Anträge beziehen sich nur auf Liegenschaften im Besitz des Landkreises Kelheim):

1. Für die Dämmung an und in Gebäuden (insbesondere Wärme- und Trittschalldämmung) wird weitgehend auf den Einsatz von Mineralwolle (schlechte Klimabilanz, gesundheitliche Problematik, Spechtschäden) und im oberirdischen Bereich grundsätzlich auf Polystryrolplatten (Veralgung Außenputz, Schimmelrisiko auf Trägerwand, Spechtschäden) verzichtet.
2. Für Dämmzwecke werden entsprechend dem o. g. ganzheitlichen Ansatz alternative Dämmmaterialien unter jeweiliger Berücksichtigung der am Einzelobjekt zulässigen Brandschutzklasse bevorzugt verwendet (z. B. Mineral-Dämmplatten, Wärmedämmfassade aus Ziegel, PU-freie Holzweichfaserplatten, die im Nassverfahren nur mit dem holzeigenen natürlichem Lignin als Bindematerial hergestellt werden)
3. Künftig werden weitgehend nur noch Außen- und Innenputze, sowie Anstriche ohne Biozide (toxisch) eingesetzt.
4. Bestmögliche Beachtung des konstruktiven Fassadenschutzes
5. Nicht nur beim Einbau von neuen Heizungen sind elektronisch geregelte Förderpumpen einzusetzen. Auch in bestehenden Heizsystemen sind nach technischer Möglichkeit alte Förderpumpen durch elektronisch geregelte Förderpumpen zu ersetzen.
6. Bei Neubauten und Sanierungen (insbesondere beim Einbau/Auswechseln von Türen und Fenstern) ist auf PU-Schäume zu verzichten. Nur in besonderen Ausnahmefällen darf PU-freier Montageschaum verwendet werden.
7. Bei Neubaumaßnahmen und Sanierungen sind grundsätzlich dreifach verglaste Fenster zu verwenden
8. Bei allen größeren Baumaßnahmen des Landkreises (z. B. Gebäudesanierung, -erweiterung und –neubau) ist grundsätzlich ein anerkannter Baubiologe beratend hinzu zu ziehen.

Begründungen:

zu 1. und 2. Mineralwolle hat eine wesentlich schlechtere Gesamt-Klimabilanz (Energiebedarf, Treibhauseffekt, Ozonschädlichkeit, Flüchtige Kohlenwasserstoffe usw.) als z. B. Holzfaser- oder Mineral-Dämmplatten. Quelle: Auf der Internetplattform „baubook“, die der Staat Österreich in Zusammenarbeit mit den Baustoffherstellern betreibt, ist unter anderem ein Klimarelevanz-Ranking von allen gängigen Baustoffprodukten installiert. Unter folgendem Link kann das Ranking der Dämmstoffe eingesehen werden:
www.baubook.at/zentrale/produkte/dämmstoffe (und dann Doppelklick auf Dämmstoffe).
Neben der schlechteren Klimabilanz von Mineralwolleprodukten hat diese Produktgruppe ein im Vergleich zu anderen Produkten sehr viel größeres gesundheitliches Risikopotential (Lungengängigkeit von Fasern). Aus diesem Grund ist Mineralwolle ein Produkt, welches bei Herstellung, Einbau, Ausbau und Entsorgung selbst nach Herstellerangaben erhöhter Vorsichtsmaßnahmen bedarf:
Hier ein Zitat aus Angaben eines Herstellers zu seinem Mineralwolleprodukt:
3 Produktverarbeitung/Verarbeitungsempfehlungen
Diese sind zu finden in den ISOVER Bauteilkatalogen „Produkt und Praxis“ sowie in produktbezogenen Broschüren, Internet und technischen Datenblättern.
Arbeitsschutz/Umweltschutz: es sind die Arbeitsschutzmaßnahmen nach Abschnitt 3 der Handlungsanleitung
„Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffen (Glaswolle, Steinwolle), Stand 05/2002/Bau-BG/“ (www.gisbau.de), zu beachten:
• Vorkonfektionierte Mineralwolle-Dämmstoffe bevorzugen. Diese können entweder vom Hersteller geliefert
oder zentral auf der Baustelle zugeschnitten werden.
• Verpackte Dämmstoffe erst am Arbeitsplatz auspacken.
• Material nicht werfen.
• Keine schnell laufenden, motorgetriebenen Sägen ohne Absaugung verwenden.
• Auf fester Unterlage mit Messer oder Schere schneiden, nicht reißen.
• Für gute Durchlüftung am Arbeitsplatz sorgen. Das Aufwirbeln von Staub vermeiden.
• Nicht mit Druckluft abblasen.
• Staubsaugen statt kehren.
• Arbeitsplatz sauber halten und regelmäßig reinigen. Verschnitte und Abfälle sofort in geeigneten Behältnissen, z. B. Tonnen oder Plastiksäcken, sammeln.
• Locker sitzende, geschlossene Arbeitskleidung und geeignete Handschuhe tragen.
• Bei empfindlicher Haut fettende, gerbstoffhaltige Schutzcreme oder Lotion benutzen.
• Nach Beendigung der Arbeit Baustaub mit Wasser abspülen.
• Bei Tätigkeiten mit Staubentwicklung im Freien, z. B. bei Abkippvorgängen, mit dem Rücken zum Wind arbeiten und darauf achten, dass sich keine Arbeitnehmer in der Staubfahne aufhalten.“ (Zitatende)

Im Gegensatz hierzu haben die oben beispielhaft aufgeführten ökologischen Alternativprodukte z. B. sogar das „Öko-Test-Siegel“ „Empfehlenswert“ (s. Anlage D).

Je nach notwendiger Brandschutzklasse im jeweiligen Einzelfall stehen ökologischen Alternativprodukte zur Verfügung (A, B 1, B 2).

Hinweis zu den Holzweichfaserplatten: Beantragt wird nur der Einsatz von solchen Platten, die im „Nassverfahren“ hergestellt wurden. Zum einen, weil nur im Nassverfahren das dem Holz eigene Lignin als einziger Klebstoff des Produktes seine Bindungswirkung entfalten kann. Zum anderen, weil im Trockenverfahren ca. 10% Masseanteil in Form von Polyurethan-Kugeln als Kleber verwendet wird. PU ist ökologisch und gesundheitlich nicht unbedenklich (Ausgangsprodukte, Chemikalienmix, Herstellungsverfahren, Ausgasung, Entsorgung, Brandfall).

Hinweis zu den Polystyrolplatten: Bei der Verwendung von Polystyrolplatten für Dämmzwecke wird eine Diffusion von Wasserdampf unterbunden. Hierdurch besteht ein großes Risiko der Schimmelbildung zwischen den Polystyrolplatten und der Trägerwand. Außerdem besteht ein erhebliches Risiko der Algenbildung auf dem Außenputz der gedämmten Trägerwand, weil Polystyrolplatten keine nennenswerte Wärmespeicherfähigkeit haben und so jede Nacht zum Kondensationsherd von Tauwasser werden. Dies hat zur Folge, dass sich auf der Außenseite des Außenputzes Algen im Zusammenwirken mit der zunehmenden Luftbelastung durch Feinstäube usw. ansiedeln. Um dies zu vermeiden, werden von Herstellern im zunehmenden Maße toxische Biozide zur Abtötung dieser Algen eingesetzt (s. a. Begründung zu 3.).

Ein weiterer Nachteil des Einsatzes von Mineralwolle und Polystyrol bei der Außendämmung ist die Empfindlichkeit der Fassaden für Spechtschäden (s. Anlage K)

Der Preisunterschied zwischen dem (nur) vordergründig billigsten Dämmstoffsystem Mineralwolle und z. B. dem ökologisch und gesundheitlich höherwertigen Dämmstoffsystem Mineral-Dämmplatten beträgt ca. 18 - 20% (s. Anlage H), nach skeptischen Schätzungen ca. 25%.

zu 3. In insbesondere Außenmauerputzen und –anstrichen werden zunehmend von Herstellern Biozide zugemischt. Hierdurch soll eine Algenbildung vermieden werden (s. a. Begründung zu 2.). Diese hochgiftigen Stoffe werden im Laufe der Jahre aus den Putzen und Anstrichen ausgewaschen und gelangen so z. B. über Mauerdrainagen in Regenentwässerungen und damit in Oberflächengewässer oder ins Grundwasser. Untersuchungen aus der Schweiz zeigen, dass der Anteil an Bioziden aus Wandputzen bei Starkregenereignissen in Oberflächengewässern im Bereich von ca. 20% liegen kann (s. Anlagen L, M).

zu 4.
Zur Vermeidung von unnötigen Auswaschungen aus Außenputzen und –anstrichen (s. 3.) und zur Sicherung einer längeren Haltbarkeit von Fassaden ist dem konstruktiven Fassadenschutz besonderes Gewicht zu geben.

zu 5.
Durch den Einsatz von elektronisch geregelten Forderpumpen in Heizanlagen lassen sich die Stromkosten um ca. 80% reduzieren (s. Anlage N). Eine wirtschaftliche Amortisation einer neuen energiesparenden Pumpe kann nach ca. 4 Jahren erreicht werden.

zu 6.
Montageschäume (am verbreitetsten sind PU-Schäume) enthalten wahre Chemiecocktails (s. Warnhinweise auf den Dosen). Besonders problematisch ist die Verwendung von toxischen Isocyanaten in PU-Schäumen. Die ökologisch um ein Vielfaches bessere Alternative ist die Befestigung von Türen und Fenstern mittels Stockschrauben. Die Ausstopfung der verbliebenen Zwischenräume zwischen Wand und Tür- bzw. Fensterstock kann z. B. mit Schafwolle oder Kokosfasern geschehen (neben dem winddichten Abkleben durch Klebestreifen). Nur in ganz besonderen Ausnahmenfällen und wenn, dann nur in sehr geringen Mengen, wäre eine Verwendung von dann aber schadstoffarmem Montageschaum (also kein PU-Schaum) tolerierbar.

zu 7.
Durch den Einsatz von dreifach verglasten statt nur zweifach verglasten Fenstern lassen sich drastische Energieeinsparungen erreichen (s. Anlage P). Dreifach verglaste Fenster haben zwar ein höheres Gewicht als nur zweifach verglaste, wodurch bei großen Fenstern eine höhere Beanspruchung der Beschläge (Halterungen) auftritt. Eine Nachfrage bei Fensterherstellern ergab jedoch, dass nur bei sehr großen Fensterflächen (z. B. über 165 kg Gewicht eines einzelnen Fensters) ein Grenzbereich für die jahrzehntelange Garantiegewährung auf die Beschläge durch Hersteller erreicht wird (s. Anlagen O, P).
Für den Einsatz von dreifach verglasten Fenstern spricht zudem der mittlerweile nur noch relativ geringe Preisunterschied zwischen zwei- und dreifach verglasten Fenstern und die dadurch bedingte erheblich verkürzte finanzielle Amortisationszeit.

per e-mail

Peter-Michael Schmalz
Kreisrat
ÖDP-Sprecher im Kreistag Kelheim
Referent und Ausschussvorsitzender für den Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz des Marktes Langquaid

Anlagen (mit Angabe der Anzahl der Seitenzahlen:

A Produktbeschreibung Mineral-Dämmplatten (Minopor, 7 S.)

B Produktblatt Mineral-Dämmplatten (Multipor, 8 S.)

C AUB-Umweltdeklaration (Multipor, 16 S.)

D Öko-Test-Siegel (Minopor, 1 S.)

E Preisliste und technisches Datenblatt Holzfaserweichplatte (Pavatex, 8 S.)

F Grundlegendes Bauaufsichtliches Prüfzeugnis Holzfaserweichplatten F 90 vom 10.02.06(Pavatex, 13 S.)

G Ergänzung Bauaufsichtliches Prüfzeugnis Holzfaserweichplatte 20.02.09 (Pavatex, 2 S.)

H Schriftverkehr mit Baustoffhändler und Kreisbaumeister Landkreis Kelheim über Kosten für Mineral-Dämmplatten vom 07.04.09 (2 S.)

I Produktblatt Ziegelwärmedämmfassade (Poroton, S. 9)

J Datenblatt Ziegelwärmedämmfassade (Poroton, S. 1)

K Wissenschaftliche Abhandlung von Michael Hladik (gerichtl. zertifizierter Sachverständiger) über Spechtschäden an Wärmedämmfassaden (S. 10)

L Auszug wissenschaftliche Abhandlung „Schadstoffe aus Fassaden“ von Dr. Michael Burkhardt

et al. (S. 4)

M Auszug wissenschaftliche Abhandlung „Gewässerbelastung durch Biozide aus Gebäudefassaden“ von Alexander Walser et al. (S. 9)

N Artikel zur elektronisch geregelten Heizungspumpe aus BN 01/2009 (S. 1)

O Anfrage an Architektenberater Hansal vom 09.04.09 bzgl. der Stabilität von dreifach verglasten Fenstern und dem energetischen Vergleich von zwei- zu dreifach verglasten Fenstern (S. 1)

P Antwort Architektenberater Hansal zur Anfrage vom 09.04.09 (S. 2).

Hinweis: Bei Rückfragen zu Baubiologie und Bauökologie wenden Sie sich bitte direkt an Peter-Michael Schmalz, Tel. 09452 2371 oder per Mail an oedp-kreisverband-kelheimt-online.de .

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